Die sogenannten Ritteressen und das Mittelalter

Es gibt bestimmt einige Nutzer meiner Internetseite die schon an einem „Ritteressen“ teilgenommen haben. Es wird meist beworben mit „Original Ritteressen“, „Rittermahl“, „Rittergelage“, „Wie die Ritter essen“ usw. Bei genauerem hinschauen war ich sehr erstaunt.

Aber erst einmal zur Definition. Laut Wikipedia „ist (Ritter) ursprünglich die Bezeichnung für die wehrhaften, schwer gerüsteten, berittenen Krieger des europäischen Mittelalters.“ Ritter waren adlige Grundherren und auch Ministeralien (sie wurden für Kriegsdienste und Ausübung niederer Gerichtsbarkeit eingesetzt) aus denen sich später der niedere Adel bildete.

Wenn Ritteressen beworben und vorgestellt werden lese ich in den Menüvorschlägen von Griebenschmalz, Schweinemett, Kartoffelsuppe, Pellkartoffeln, Reibekuchen. Übrigens Kartoffeln gab es zu dieser Zeit nicht. Die früheste Erwähnung in Europa war 1567. Das sollte eigentlich bekannt sein. Die Blütezeit des Rittertums war von Anfang 10. Jh. bis ca. 1250, im sogenannten Hochmittelalter.

Hier ein paar Bilder von einem Mittelalterspektakel

Ebenso glaube ich nicht, dass ein wehrhafter Ritter nach einer erfolgreichen Schlacht zum Festbankett Griebenschmalz oder Mett vom Schwein gegessen hat. Auch schön sind dann Angebote für vegetarische Gerichte. Vegetarische Ritter, ich stelle mir das mal vor oder kann ich mir das überhaupt vorstellen. Ein großes Gelage prall gefüllt mit allerlei Deftigen und Köstlichen und der Ritter sagt, ich möchte aber nur Gemüse. Ich glaube er hat dann Glück, wenn er nach so einer Äußerung überhaupt mit dem Leben davon kommt. Das Angebot Ritteressen für zwei Personen (da haben wohl die Ritter den Anschluss verloren) passt auch nicht so richtig.

Bestimmt hatten die Ritter keine Lätzchen mit irgendwelchen welchen Sprüchen an. Dann kommt noch dazu das die Ritter nicht auf Polsterstühlen saßen und auch nicht aus Gläsern tranken, Weinflaschen sowieso nicht und vieles andere mehr.

Natürlich kann ein „Ritteressen“ in der heutigen Zeit nicht genauso dargestellt werden wie damals.

Wie war es im Hochmittelalter?

  • Die Speisen könnte heute keiner mehr essen. Sie waren zu über würzt, manchmal auch gefärbt, sogar parfümiert damit man den Geruch und den Geschmack übertönt. Grund dafür war das Problem der Aufbewahrung von Fleisch, dass oft schon, aus heutiger Sicht, verdorben war oder zu sehr gesalzen, oftmals war es auch hart durch langes Pökeln.
  • Fleisch vom Hirsch, Reh, Bärenfleisch, Bärentatzen- und Pfoten, Wisent, Auerochsen (der schon seit 1627 ausgestorben ist) waren beliebt beim Adel und füllten die Tafeln.
  • Gegessen wurde mit den Fingern. Die schmutzigen Finger wurden an der Kleidung oder am Tischtuch abgewischt. Erst mit Einführung des „Händewaschens“ säuberten sich die Gäste vor dem Essen und zwischen durch die Hände. Die Bediensteten reichten Wasserschalen und Tücher.
  • Jeder hatte sein eigenes Messer am Gürtel, es wurde zum schneiden und aufspießen der Speisen verwendet. Es gab Vorschneider die das Fleisch in mundgerechte Stücke schnitten oder es wurde mit den Händen zerbrochen.
  • Gabeln waren Werkzeug des Teufels. Löffel wurden manchmal benutzt oder mit dem Nachbar ausgetauscht ebenso die Trinkgefäße.
  • Anstatt Teller wurde Fladenbrot benutzt,  auch um sich die Hände damit abzuwischen und zum Aufsaugen der Bratensäfte.
  • Die Tischsitten waren bei den Rittern eher rau. Regeln wurden um 1200 Jh. zu erst beim Adel später auch im Bürgertum eingeführt. Servietten kamen erst im 15. Jahrhundert auf.
  • Gemüse und Sättigungsbeilagen wie wir es kennen gab es nicht.  Es wurden nur wenig Kulturpflanzen angebaut vor allem Getreide und auch Kohl, Rüben, Erbsen und Bohnen. Wobei sich der Adel eher an Deftiges hielt. Gemüse hatte den Ruf Armenspeise zu sein.

Das heißt eigentlich, ein historisches oder original Ritteressen, wie verschieden auch die Bezeichnungen sind, lässt sich nicht durchführen.

Diese Veranstaltungen sind rustikale Essen mit Unterhaltungswert ohne jeglichen Bezug auf diese Zeit, da helfen auch nicht die Gaukler und Kostüme. Es ist einfach eine Gaudi, wo die gute Kinderstube keine Rolle spielt, man kann sich mal richtig daneben Benehmen. Das ist vielleicht auch die große Anziehungskraft dieser Events.

Vielleicht sollte der Werbeslogan überdacht werden. Trotzdem viel Spaß.

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